Es ist Zeit für Gerechtigkeit!

Nachdem wir uns in den vergangenen Wochen intensiv mit der Notwendigkeit einer kostenlosen Meisterausbildung beschäftigt haben, erreichten uns unzählige Zuschriften, die die Thematik hitzig diskutierten. Während einige eine solche kostenfreie Weiterbildungsmöglichkeit befürworten und für längst überfällig halten, lehnen andere diese strikt ab. Als führende Community der Elektro-Branche haben wir uns diesem Sachverhalt erneut angenommen und erklären, warum die Möglichkeit einer kostenlosen Meisterausbildung zwingend notwendig ist.
Fachkräfte-Wüste Deutschland
Bereits seit Jahren suchen Handwerksbetriebe in Deutschland händeringend nach Fachkräften, um so die gute Auftragslage in finanziellen Ertrag ummünzen zu können. Die Agentur für Arbeit bezeichnet in ihrer aktuellen Engpassanalyse das Angebot für Fachkräfte mit Berufsausbildung und Spezialisten mit Weiterbildungsabschluss als angespannt und prognostiziert zahlreichen handwerklichen Berufen der Elektro-Industrie in Gegenwart und Zukunft teils gravierende Fachkräfte-Engpässe. Ein Umstand, der dazu führt, dass Betriebe in konjunkturellen Hochphasen nicht ihr gesamtes Auftragspotential ausschöpfen können, sprich nicht so viele Aufträge bearbeiten können, wie es bei einer besseren Fachkräfte-Situation möglich wäre. In Schwächephasen besitzen Sie dann nicht den nötigen finanziellen Puffer, um diese kompensieren zu können. Zudem fällt es älteren Handwerksmeistern, insbesondere in strukturschwachen Bundesländern, zunehmend schwer, geeignete Nachfolger für ihren Betrieb zu finden, was flächendeckend zu Schließungen etablierter Betriebe führen könnte.
Gleichzeitig sind Meister als Lehrer in Ausbildungsstätten auch für eine qualitativ hochwertige Ausbildung des Nachwuchses verantwortlich. Ein Mangel an Meistern führt somit langfristig zu immer weniger gut-ausgebildetem Nachwuchs und somit zu qualitativen und personellen Problematiken. Für die Elektro-Branche ist es somit von höchster Wichtigkeit, diese gravierende Lücke langfristig zu schließen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein.
Mehr Chancengleichheit dank kostenloser Meisterausbildung
Die häufig teure Meisterausbildung, deren finanzieller Aufwand sich zumeist in einem Rahmen von 9.000 – 13.000 Euro bewegt, rüttelt heftig an den Grundsätzen der Chancengleichheit. Menschen aus vergleichsweise armen oder bildungsfernen Familien wird so unabhängig von ihrer Eignung die Möglichkeit genommen, aus eigener Kraft eine solche Ausbildung zu absolvieren. Lediglich das Aufnehmen verschiedener Kredite und kaum ausreichende Bafög-Programme bieten derzeit die Möglichkeit, sich hier weiterzubilden. Die späteren Rückzahlungen, die auch im Falle eines Scheiterns fällig werden, schrecken derzeit allerdings zahlreiche potentiell qualifizierte Interessenten ab. Arbeitnehmer aus privilegierten Familien sind hier tendenziell im Vorteil.
Auch die finanzielle Ungleichbehandlung von Studenten und angehenden Handwerksmeistern ist vor dem Hintergrund zukünftiger Herausforderungen kaum zu vertreten. Während angehende Meister für ihre Kurse zahlen müssen, studieren Studenten im Augenblick nahezu gebührenfrei. Eine berechtige Gleichstellung von Studierenden und Handwerksmeistern ist hier kaum gegeben. Diese Geringschätzung von Fachkräften ist allerdings vor dem Hintergrund zukünftiger Herausforderungen völlig unangebracht. Es wird Zeit, dass Deutschland, seine Handwerker so wertschätzt, wie seine Akademiker!
Wie eine kostenlose Meisterausbildung Qualität schafft
Zahlreiche besorgte Elektrofachkräfte teilten uns ihre Befürchtungen mit, eine kostenlose Meisterausbildung könnte zu einer Meisterschwemme und in der Folge zu deutlich schlechter ausgebildeten Fachkräften führen. Dem ist allerdings keinesfalls so.
So könnten kostenfreie Weiterbildungsmöglichkeiten dazu führen, dass immer weniger angehende Handwerksmeister parallel zu ihrer Ausbildung voll arbeiten müssen, um sich so ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein Wegfall der Kosten würde hier eine Reduzierung der Arbeitszeit ermöglichen und auch eine Vollzeit-Ausbildung könnte dann in deutlich mehr Fällen denkbar sein, als dies derzeit der Fall ist. Eine solche Fokussierung auf die Inhalte der Meisterausbildung ermöglicht ein besseres Verständnis der Inhalte und somit ein tieferes Verständnis ebendieser. Wenn Handwerker sich nicht länger kräftezehrenden Teilzeitprogrammen unterziehen müssen, um überleben zu können und ihr zwingend benötigtes Wochenende der Ausbildung opfern, steigert dies ohne Zweifel die Effizienz ebendieser. Zudem bedeutet eine kostenfreie Meisterausbildung nicht, dass sich die Inhalte und Prüfungsanforderungen ebendieser gravierend verändern. Personen, denen es derzeit aufgrund fachlicher Defizite nicht gelingt, einen Abschluss zu erwerben, wird dies auch im Falle wegfallender Kosten nicht gelingen. Vielmehr ermöglicht sie qualifizierten Fachkräften, die diese bisher aus Angst vor den hohen Kosten der Meisterlaufbahn, nicht angetreten haben, den Weg eines angehenden Handwerksmeisters zu bestreiten. Die Annahme, die Qualität der Ausbildung könnte durch das Wegfallen der Kosten sinken, ist somit gänzlich an den Haaren herbeigezogen.
Zudem zeigen sich, wie bereits dargestellt, Handwerksmeister für die Ausbildung des Nachwuchses verantwortlich. Auch hier könnte der Wegfall lästiger Gebühren somit zu einer Steigerung der Ausbildungsqualität führen.
Abschließendes Plädoyer für eine kostenlose Meisterausbildung
Abschließend lässt sich somit sagen, die Möglichkeit, die Meisterausbildung kostenfrei absolvieren zu können, ist zwingend notwendig, um den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft gewachsen zu sein. Der vielzitierte Satz: „Wir mussten das aber früher auch bezahlen.“ ändert an dieser Tatsache nichts. Denn, dass etwas schon immer da war, bedeutet nicht, dass es richtig ist. Fortschritt bedeutet, Umstände zum besseren verändern. Warum sollten der jungen Generation Chancen verwehrt werden, nur weil man diese früher nicht wahrnehmen konnte? Eine Frage, die sich kaum sinnvoll beantworten lassen dürfte.