Wer oder was ist eine befähigte Person zum Prüfen ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel?

Veröffentlicht: 29. Mai 2007 Kategorie: Fachartikel

Prüfen ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel durch EFs oder EUPs oder befähigte Personen? Warum derart unverständliche, widersprüchliche Vorgaben? Viele Geräte sind und bleiben ungeprüft. Wie kann mehr Sicherheit mit weniger Aufwand erreicht werden?

Wer oder was ist eine befähigte Person zum Prüfen ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel?
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%%ENDDISPLAYRS%% Zur Situation
Als Erstes muss ehrlicherweise festgestellt werden, dass manche mit dem Prüfen elektrischer Geräte beauftragte Personen trotz ihrer abgeschlossenen Ausbildung in einem Elektroberuf, weder als "Elektrofachkraft" noch als "befähigte Person" im Sinne der in Tafel 1 aufgeführten Definitionen bezeichnet werden dürfte. Warum? Weil sie die anderen dort genannten Kriterien nicht erfüllt. Ihr Wissen über die technischen Grundlagen der Prüfung, die Prüftechnik und den Stand der Technik auf diesem Gebiet, sowie ihre zeitnahen Erfahrungen beim Prüfen moderner elektrischer Geräte, sind oftmals nicht ausreichend, um als "befähigt" gelten zu können. Wer dies bezweifelt, der möge sich über die aus der Praxis zu den Fachzeitschriften kommenden oder in den Diskussionsportalen des Internet veröffentlichten Fragen/Meinungen informieren oder an den Messseminaren zur Prüftechnik teilnehmen.
Diese Bewertung gilt auch - und noch viel mehr - für Personen, die sich Dank eines Ein-, Zwei-, oder Dreitagelehrgangs und eines ihnen übergebenen Zertifikats als "elektrisch unterwiesene Person" (EUP) bezeichnen dürfen und dann natürlich von ihrem nicht fachkundigen Arbeitgeber auch als EUP angesehen und als "befähigte Person" mit dem Prüfen elektrischer Geräte betraut werden. Das heißt, die fachliche Qualifikation der Prüfer und damit auch die Qualität der Prüfungen unserer elektrischen Geräte haben vielfach nicht das Niveau, das nach offizieller Meinung zum Gewährleisten einer ausreichenden Sicherheit erforderlich ist.

Zum Zweiten zeigt sich, dass es einem Arbeitgeber/Vorgesetzten als Elektrolaien z. Z. praktisch unmöglich ist, seine "befähigte Person" ordnungsgemäß zu bestimmen. Die unkonkreten Vorgaben hinsichtlich der "Befähigung", das Nebeneinander der "befähigten" und der "elektrotechnisch unterwiesenen Person" bzw. der "Elektrofachkraft" sowie das Durcheinander bei der als erforderlich angesehenen Ausbildung verwirren nicht nur die Elektrolaien sondern auch die Elektrotechniker. Dass der Versuch, dieses "Personen"-Dilemma mit Hilfe technischer Regeln zur Betriebssicherheit (TRBS) zu beseitigen, trotz großem Aufwand bisher keinen Erfolg hatte (Tafel 1), bestätigt die im Kommentar zur Betriebssicherheitsverordnung enthaltene Bemerkung "Leider ist es wegen der sehr großen Spannweite der Verwendung des Begriffes "befähigte Person" trotz intensivem Bemühen nicht gelungen, eine genauere Definition zu formulieren".
Die aufeinander aufbauenden Definitionen der befähigten Person in der Betriebssicherheitsverordnung und den TRBS enthalten tatsächlich alle die gleichen mehr oder weniger aufgeblähten Selbstverständlichkeiten, über deren Verbindlichkeit man nur Vermutungen anstellen kann. Eine aufwändige bürokratische Überorganisation, keine Zuordnung zu den derzeit gebräuchlichen Begriffen, keine ausreichende Hilfe für den Arbeitgeber der eine "Befähigte Person zum Prüfen ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel" auszuwählen hat.

Zum Dritten wird in den Normen DIN VDE 0701/0702 und DIN VDE 0105-100 zugelassen, unter bestimmten Bedingungen oder für bestimmte Geräte auf Prüfgänge oder Messungen zu verzichten, bzw. die zugelassen Grenzwerte nicht einzuhalten. Hinzu kommt, dass die in den Normen vorgegebenen Messungen bei einem Großteil der Geräte (Schutzisolierung, Schutzklasse II, keine leitfähigen berührbaren Teile) überhaupt nicht durchgeführt werden können. Das mit den Prüf-Normen vorgegebene Mindestniveau der Sicherheit darf in diesen Fällen offiziell unterschritten werden oder wird vielfach gar nicht kontrolliert.

Hierzu gehört auch die Feststellung, dass schätzungsweise weit mehr als die Hälfte der im Gebrauch befindlichen elektrischen Geräte von ihrem Betreiber keiner Erstprüfung (BetrSichV) unterzogen und auch nach ihrer ersten Inbetriebnahme niemals einem "Elektriker" vorgestellt wurden.
Wer sich alle Geräte anguckt, die ihm täglich im privaten und öffentlichen Bereich, bei den Gewerbetreibenden in den Gaststätten, Seniorenheimen, Vortragssälen und auch bei "Elektrikern" usw. begegnen, wird diese Einschätzung mehr oder weniger bestätigen müssen. Unser derzeitiges Bemühen um mehr Befähigung der Prüfer, bessere Prüfverfahren und Prüfgeräte, letztlich also um mehr Qualität der Prüfungen, erreicht nur den kleineren Teil der in Gebrauch befindlichen elektrischen Geräte. Es wäre wohl der Einsatz von zusätzlich einigen 10tausend guter Fachkräfte als "unproduktive" Prüfer erforderlich, wenn die bestehende offizielle Forderung "Regelmäßiges Prüfen aller Geräte" umgesetzt werden soll.
Bemerkenswert ist, dass trotz dieser Abstriche an der Prüfqualität und trotz der vielen ungeprüften Geräte, keine gravierenden Folgen (Brände, Durchströmungen) bekannt sind. Oder?
Es fehlt eine sachliche und umfassende Beurteilung der Wirksamkeit dieses aufwändigen Systems der Prüfung der elektrischen Betriebsmittel. Wir haben zwar viele elektrotechnische Organisationen, Gremien, Vereine usw., aber keinen der sich dieser Verantwortung stellt.
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%%ENDDISPLAYRS%% Viertens fehlen eindeutige voneinander abgegrenzte Definitionen der zu prüfenden Erzeugnisse, des Betriebsmittels, des Gerät und der Maschine. Es ist demzufolge nicht immer möglich, ein bestimmtes Erzeugnis einer bestimmten Prüfnorm und deren Prüfvorgaben zuzuordnen.
Die Prüfer werden verunsichert, da es ihnen überlassen bleibt zu entscheiden, nach welcher technischen Regel die Wiederholungsprüfung vorzunehmen ist, bzw. welche Prüfvorgaben/Grenzwerte gelten. Die Notwendigkeit, sich selbst die technischen Regeln für den jeweiligen Prüfling zusammenzustellen, wird nicht erkannt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass unser zum Erhalt der Sicherheit der ortsveränderlichen elektrischen Geräte geschaffenes System
  • bei näherem Hinsehen erhebliche organisatorische und fachliche Lücken erkennen lässt,
  • unübersichtlich und unlogisch ist
  • wegen des erforderlichen personellen Aufwands gar nicht vollständig realisiert werden kann.
Es entsteht die Frage, ob es zum Erreichen der geforderten Sicherheit (BetrSichV) wirklich technisch sinnvoll und ökonomisch vertretbar ist, das Prüfen aller Geräte in einer solchen Regelmäßigkeit und Gründlichkeit zu fordern und zu organisieren, wie es zurzeit proklamiert wird?
Gibt es keine effektivere Lösung?

Wir bitten alle Praktiker, die ortsveränderliche elektrische Geräte zu prüfen haben und über entsprechende Erfahrungen verfügen, um ihre Meinung zu diesem Sachverhalt.

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Tafel 1 Definition der "befähigten Person"
In der Betriebssicherheitsverordnung heißt es
"Befähigte Person im Sinne dieser Verordnung ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt."
In der Technischen Regel 1203-3 zur Betriebssicherheit heißt es (sinngemäß gekürzt): "Die befähigte Person
  • .... muss eine elektrotechnische Berufsausbildung abgeschlossen haben oder eine andere für die vorgesehene Prüfaufgaben vergleichbare elektrotechnische Qualifikation besitzen und
  • ...über eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Errichtung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung von elektrotechnischen Arbeitsmitteln und/oder Anlagen und
  • .....über die für die vorgesehenen Prüfaufgaben im Einzelnen erforderlichen Kenntnisse der Elektrotechnik sowie der zutreffenden technischen Regeln verfügen und ihre Kenntnisse aktualisieren..... "
verfügen und ihre Kenntnisse aktualisieren..... "
Die befähigte Person zum Prüfen ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel (POP) könnte wie folgt definiert werden
"Befähigte Person zum Prüfen steckbarer ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel (POP) ist eine Person, die durch
* ihre Berufsausbildung oder vergleichbare Nachweise oder den Abschluss der Ausbildung zur POP und
* ihre im Umgang mit elektrischen Betriebsmitteln gewonnenen Erfahrungen sowie
* eine in der letzten Zeit durchgeführte Prüftätigkeit an elektrischen Anlagen oder Betriebsmitteln über mindestens ein Jahr
die zum selbstständigen Prüfen dieser steckbaren ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmittel erforderlichen Kenntnisse besitzt.

Anmerkungen:
  • Elektrotechnisch unterwiesene Personen (EUP), die bereits als "befähigte Person" tätig sind, sollten die Ausbildung zur POP bei nächster Gelegenheit, jedoch mindestens im Lauf der nächsten drei Jahre, nachholen.
  • Der Arbeitgeber/Unternehmer, der eine befähigte Person beruft, sollte deren Einweisung in das Prüfen der im Unternehmen vorhandenen steckbaren elektrischen Betriebsmittel durch eine Elektrofachkraft veranlassen.