Teil 4: Empfohlene Werte für die Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen für feste Verlegung in und an Gebäuden und von flexiblen Leitungen
Die neu herausgegebene Norm – als Ersatz für DIN VDE 0298-4 (VDE 0298 Teil 4):1998-11 – gilt für die Strombelastbarkeit von isolierten Starkstromleitungen sowie für Kabel, wenn diese in und an Gebäu-den oder verlegt sind.
Die Strombelastbarkeiten, die in der Norm für im Erdreich verlegte Kabel genannt sind, gelten nur für eine Verlegung um Gebäude herum oder in der Nähe von Gebäuden. Wenn genauere Angaben zu den lastabhängigen Erdbodenwiderständen vorliegen, sollten die Strombelastbarkeiten für im Erdreich ver-legte Kabel nach DIN VDE 0276-603 (VDE 0276 Teil 603) oder durch Berechnung nach IEC 60287 bestimmt werden.
Allgemeines
Die der Norm genannten Regeln zur Belastbarkeit und zur Auswahl der Leiterquerschnitte beziehen sich auf den ungestörten Betrieb oder auf den Kurzschlussfall beim Betrieb mit Wechselstrom bei einer Fre-quenz von 50 bis 60 Hz oder mit Gleichstrom. Zusätzlich zu dieser Norm sind bei der Wahl der Leiterquerschnitte, soweit zutreffend, die Anforderungen für den „Schutz gegen elektrischen Schlag“ (DIN VDE 0100-410), „Schutz gegen thermische Einflüsse“ (DIN VDE 0100-420), „Schutz bei Überstrom“ (DIN VDE 0100-430) und „Spannungsfall“ (DIN VDE 0100-520 bzw. DIN 18015) zu beachten.
Bei der Ermittlung der Anzahl der belasteten Leiter in mehr- und vieladrigen Kabeln oder Leitungen zäh-len nur diejenigen Leiter, die einen Belastungsstrom führen. Neutralleiter in Drehstromsystemen sind bei der Anzahl der belasteten Adern nur dann zu berücksichtigen, wenn bei unsymmetrischer Last die Außen-leiter nicht entsprechend entlastet werden oder wenn der Neutralleiter trotz symmetrischer Last, z. B. infolge von Oberwellen, einen Strom führt. Bei einem Anteil der Oberwellenströme größer als 10 % darf der Nennquerschnitt des Neutralleiters nicht geringer als der der Außenleiter sein. Wenn der Anteil der Oberwellenströme mehr als 15 % beträgt, sind die im Anhang B der Norm genannten Reduktionsfaktoren anzuwenden, d. h. die Leiternennquerschnitte müssen entsprechend vergrößert werden.
Belastbarkeit im ungestörten Betrieb
Die zulässige Belastbarkeit eines Kabels oder einer Leitung ist vom Aufbau, den verwendeten Werkstoffen und den Betriebsbedingungen abhängig. Dabei sind im Wesentlichen
- die Betriebsart (Dauer- oder Aussetzbetrieb),
- die Verlegebedingungen (Verlegung in wärmedämmender Wand, auf oder in der Wand, im Rohr, im Kanal oder auf Pritschen unter Berücksichtigung von Häufungen oder ähnlichem) sowie
- die Umgebungstemperaturen (normal 30 °C bzw. im Erdboden 20 °C) zu berücksichtigen.
Mit der Neuausgabe der Norm wurden die Tabellen mit den Kabel- und Leitungsbauarten für feste Verlegung und für flexible Leitungen ergänzt. Dieses gilt in gleicher Weise für die Verweise auf die für die einzelnen Kabel- und Leitungsbauarten anzuwendenden Strombelastbarkeitstabellen. Gleichzeitig wurden die Strombelastbarkeitstabellen, soweit für Kabel zutreffend, um Angaben zur Belastbarkeit von Kabeln mit Aluminiumleitern erweitert.
Als Referenzverlegeart wurde zusätzlich die Verlegeart D „Mehradriges Kabel oder mehradrige ummantelte Installationsleitung in einem Elektroinstallationsrohr oder in einem Kabelschacht im Erdboden“ eingeführt. Um dem Anwender der Norm die Zuordnung zu den Referenzverlegearten zu erleichtern, werden in einer zusätzlichen Tabelle alle üblichen Verlegearten aufgeführt, die in der Praxis vorkommen. Das vorgenannte gilt in vergleichbarer Weise für flexible Leitungen, besonders aber für wärmebeständige Leitungen und Gummischlauchleitungen für industrielle Anwendungen.
Neu aufgenommen wurden ebenfalls die Belastbarkeitstabellen für mineralisolierte Leitungen bei Verlegung in Gebäuden mit einer maximal zulässigen Temperatur am Mantel von 70 °C bzw. 105 °C. Die Tabellen für die Umrechnungsfaktoren für von 30 °C abweichende Umgebungstemperaturen wurden ebenso ausgeweitet, wie die Tabellen mit den Faktoren für die Häufung bei Verlegung auf Pritschen oder in Wannen.
Zusätzlich wurden Faktoren für die Umrechnung der Strombelastbarkeit von im Erdreich verlegten Kabeln aufgenommen,
- bei von 20 °C abweichenden Umgebungstemperaturen,
- für von 2,5 K.m/W abweichende spezifische Wärmewiderstände des Erdbodens und
- für Häufung bei Verlegung im Erdboden oder in Elektroinstallationsrohren oder Kabelschächten im Erdboden.
Der Anhang A enthält eine auf 25 °C Umgebungstemperatur (Normaltemperatur zur Anwendung in Deutschland) umgerechnete Tabelle für die Belastbarkeit von Kabeln und Leitungen mit einer zulässigen Leitertemperatur von 70 °C. Diese Tabelle entspricht, mit Ausnahme der Verlegeart D (Verlegung im Erdboden), weitgehend der im Beiblatt 1 zu DIN VDE 0100-520 abgedruckten Strombelastbarkeitstabelle.
Belastbarkeit im Kurzschlussfall
Im Kurzschlussfall darf der Leiter nicht über die zulässige, vom Material des Leiters und von der Isolation abhängige Kurzschlusstemperatur erwärmt werden. Zu berücksichtigen sind weiter die Leitertemperatur zu Beginn des Kurzschlusses und die Kurzschlussdauer. Die für die Berechnung der Kurzschlussbe-lastbarkeit erforderliche Bemessungs-Kurzzeitstromdichte für die verschiedenen Kabel- und Leitungsbauarten mit Kupfer- und Aluminiumleitern können der Norm entnommen werden.
Hinweis
Wenn in der Praxis Betriebsbedingungen auftreten, die durch die Angaben in dieser Norm nicht abgedeckt sind, müssen die Belastbarkeit bzw. der notwendige Leiterquerschnitt durch sinngemäßes Anwenden der Anforderungen oder auf eine andere geeignete Weise ermittelt werden. Der Leiternennquerschnitt ist grundsätzlich so zu wählen, dass der Leiter an keiner Stelle und zu keinem Zeitpunkt über seine zulässige Betriebstemperatur erwärmt wird. Ausgegangen werden muss bei der Bestimmung des Querschnitts grundsätzlich von den ungünstigsten Betriebsbedingungen, d. h. die den größten Leiterquerschnitt zur Folge haben.