Anforderungen der kommenden Norm

PV(Photovoltaik)-Anlagen sind meist durch ihre exponierte Lage schwierigen Witterungsbedingungen ausgesetzt – wie etwa Blitzeinwirkungen. Damit die Anlagen über einen langen Zeitraum sicher und gewinnbringend betrieben werden können, empfiehlt es sich, Blitz- und Überspannungsschutz zu installieren. War es bisher für den Planer einer solchen Anlage oft nicht einfach, die passenden Schutzkomponenten zu finden, so schafft eine neue Norm in diesem Bereich künftig mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der am Markt verfügbaren Komponenten.
prEN 50539-11 - Anforderungen und Prüfungen für Überspannungsschutzgeräte
War es bisher nicht eindeutig geregelt, wie die Überspannungsschutzgeräte für PV-Installationen zu prüfen sind, wird dies zukünftig durch die Norm prEN 50539-11 beschrieben. Bislang wurden in der Regel Prüfverfahren aus bestehenden Normen zurate gezogen, die aber nicht die besonderen Eigenschaften einer PV-Anlage berücksichtigen. Die Module eines PV-Generators liefern unter nahezu allen Betriebsbedingungen einen annähernd konstanten Strom, der auch gleichzeitig nah am Kurzschlussstrom der Anlage liegt. Erst wenn die maximale Spannung erreicht ist, bricht der Strom schlagartig ein.
Dem gegenüber stehen die „normalen“ Gleichstromquellen mit einem linearen Verhalten in der Strom-Spannungs-Kennlinie. Vergleicht man diese Kennlinien, wird deutlich, dass die Abschaltleistung des Überspannungsschutzes in einer PV-Anlage weitaus höhere Leistungen schalten können muss, als in anderen DC-Anwendungen (Bild 2). Die Leistung, die im Fehlerfall abgeschaltet werden muss, ist bei der PV-Kennlinie deutlich höher als bei der DC-Quelle. In diesem Fall ist die Leistung das Produkt aus Spannung und Strom, was hier der Fläche unterhalb der Kennlinie entspricht. So gilt in etwa, dass die Abschaltleistung des Überspannungsschutzes in einer PV-Anlage doppelt so hoch sein muss wie in einer anderen DC-Applikation.
Für das Ausfallverhalten des Überspannungsschutzes im Fehlerfall sieht die Norm zwei Szenarien vor. Die erste Möglichkeit des Ausfallverhaltens ist, dass die Schutzkomponente den Strompfad (OCM – open circuit mode) unterbricht. Die zweite Möglichkeit sieht vor, dass in einen Kurzschluss gegangen wird (SCM – short circuit mode). Da jedoch einige Wechselrichter nicht mit einem Kurzschluss an den Eingängen umgehen können, empfiehlt sich hier der Einsatz eines Schutzbausteins mit OCM-Verhalten.
Auswahl der technischen Daten
Der Teil 11 der Norm, der im vorherigen Abschnitt auszugsweise erklärt wurde, stellt die Anforderungen und Prüfungen an ein Überspannungsschutzgerät für PV-Anwendungen dar. Ergänzend dazu existiert die Anwendungsnorm CLC/TS 50539-12. Diese definiert die technischen Parameter sowie die Auswahl der geeigneten Schutzkomponenten.
Die für den Kunden maßgeblichen Parameter sind hierbei die höchste Dauerspannung UCPV, der Schutzpegel UP und das Ableitvermögen des Typ 1-oder Typ 2-Ableiters, sowie das Ausfallverhalten der Schutzkomponenten im Fehlerfall. Die höchste Dauerspannung richtet sich nach der Anwendung, in welcher der Ableiter eingesetzt werden soll. Hier bieten sich die gängigen Werte der Wechselrichter-Hersteller an – 1000 V und 600 V. Aus diesen Werten lässt sich - per Definition der Norm - die Leerlaufspannung UOCSTC (OC – open circuit; STC – standard test conditions) bestimmen, aus welcher der Schutzpegel hervorgeht.
Die Leerlaufspannung liegt um den Faktor 1,2 unter der höchsten Dauerspannung. Grund dafür ist die Schwankung der Leerlaufspannung des Generators, die durch Temperaturschwankungen und sich ändernde Einstrahlungsverhältnisse hervorgerufen wird. So wird mit den Faktor 1,2 ein ausreichendes Sicherheitsfenster gegeben. Der Schutzpegel sollte für einen sicheren Schutz um 20 Prozent unter der Stoßspannungsfestigkeit der zu schützenden Geräte liegen. Diese Stoßspannungsfestigkeit wird, wenn nichts anderes bekannt ist, als die 5-fache Leerlaufspannung angenommen. Dafür ein Beispiel:
UCPV = 1000 V bedeutet UOCSTC = 833 V. Daraus resultiert der Schutzpegel von UP = 5 * UOCSTC – 20 % = 3,33 kV.
Richtigen Schutzbaustein auswählen
Errichtet man eine PV-Anlage auf einem öffentlichen Gebäude, so muss dieses nach VDE 0100-443 und VDE 0185-305 sowie nach den Landesbauverordnungen mit äußerem Blitzschutz versehen sein. Außerdem fordert der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft bei Anlagen über 10 kW den Einsatz von äußerem Blitzschutz - gemäß VdS 2012 (VdS Schadensverhütung GmbH). Generell sollte aber – im Hinblick auf eine hohe Anlagenverfügbarkeit – immer innerer und äußerer Blitzschutz vorgesehen werden.
Dies beginnt bereits bei der Planung des äußeren Blitzschutzsystems, das die Module gegen direkte Einschläge schützt. Dabei muss der Trennungsabstand s zwischen dem Modulrahmen und der Fangstangen eingehalten werden. Bei Aufdach-Anlagen wird dieser Abstand auf Grund der räumlichen Begrenzung meist nicht eingehalten. In diesem Fall ist der Modulrahmen mit einem 16 mm&sub2; starken Kabel mit dem äußeren Blitzschutz zu verbinden, um einen Lichtbogenüberschlag zwischen dem äußeren Blitzschutz zu den PV-Modulen zu vermeiden. Diese Verbindung zieht im Umkehrschluss jedoch ein deutlich erhöhtes Gefährdungspotenzial für die PV-Anlage nach sich, da Blitzteilströme über den Modulrahmen fließen können (Bild 3).
Für die verschiedenen Umgebungsbedingungen einer PV-Anlage gibt die CLC/TS 50539-12 Hinweise zur Auswahl des richtigen Überspannungsschutzes und dem dazugehörigen Installationsort:
- Fall 1: Das Gebäude ist nicht mit äußerem Blitzschutz versehen (Bild 4).
- Fall 2: Äußerer Blitzschutz ist installiert und der Trennungsabstand s wird eingehalten.
- Fall 3 (Bild 3): Das Gebäude besitzt einen äußeren Blitzschutz, aber der Trennungsabstand s wird nicht eingehalten. Die Leitungslänge L zwischen Modulen und Wechselrichter liegt unter 10 m.
- Fall 4 (Bild 3): Wie Fall 3 - jedoch mit einer Leitungslänge L von über 10 m.
Zusätzlich gilt in jedem Fall: Ist die Leitungslänge L größer 10 m, sind an beiden Seiten der Leitung – am Gebäudeeintritt und vor dem Wechselrichter - Schutzkomponenten zu installieren, da sich die Gefahr von Einkopplungen einer Überspannung deutlich erhöht.
Fazit
Durch die bevorstehende Norm für Überspannungsschutzgeräte der Photovoltaik wird dem Anwender mehr Transparenz und Hilfestellung bei der Auswahl und Installation des für die Applikation benötigten Blitz- und Überspannungsschutzes gegeben. Zusätzlich werden Prüfungen für die Schutzkomponenten definiert, die der Praxis deutlich näher kommen, da nun die Charakteristik einer PV-Quelle berücksichtigt wird. Gültig wird diese Norm voraussichtlich Ende 2012. Da Phoenix Contact die Norm aktiv mitgestaltet, können alle Konsequenzen daraus frühzeitig in die Produktgestaltung einfließen. Daher wird das Unternehmen seinen Kunden auch weiterhin sichere und normenkonforme Lösungen aus der Produktfamilie Trabtech für den Blitz- und Überspannungsschutz anbieten.