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Spezial: Fachartikelserie KNX-Grundlagen - Teil 1

Veröffentlicht: 22. März 2012 Kategorie: News

Welche Möglichkeiten bietet ein KNX-Bussystem im Vergleich zu einer konventionellen Installation und bei welchen Anforderungen an die Gebäudefunktionalität kommen die Vorteile so richtig zum Tragen? In welchen Anwendungsfällen wird der KNX-Bus eingesetzt und mit anderen Systemen vernetzt?

Spezial: Fachartikelserie KNX-Grundlagen - Teil 1

Diese und weitere grundlegende Fragen werden in den drei ersten Teilen der Fachartikel Serie rund um die KNX Gebäudesystemtechnik behandelt. In weiteren Artikeln erklären wir anhand von konkreten Beispielen wie man bestimmte Anforderungen mit dem KNX-System löst. Durch welche Maßnahmen steigert man die Energieeffizienz bei der Beleuchtungssteuerung verschiedener Gebäudetypen oder was bedeutet eine Installation mit einer 2plus Ausstattung entsprechend der Empfehlung der Initiative Elektro+ nach RAL-RG678? Unsere Fachartikel geben hierzu die richtigen Antworten.

Wenn heute von intelligenter Gebäudetechnik, smart buildings oder Gebäudeautomation die Rede ist, dann erzeugt das bei vielen Menschen immer noch den Eindruck, dass über eine ferne Zukunft gesprochen wird. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die schon lange Zeit etabliert und ausgereift ist und bei weit mehr als hunderttausend realisierten Projekten in modernen Gebäuden zum Stand der Technik gehört.

Schon Anfang der 90er Jahre, also zu einer Zeit in der in den meisten Büros die PC’s noch Seltenheitswert hatten und Mobiltelefone echte Exoten waren, wurde von den führenden Herstellern elektrischer Installationstechnik ein Standard entwickelt um die elektrischen Funktionen in den Gebäuden auf eine neue Art und Weise zu realisieren. Denn mit Beginn des Computer-Zeitalters und der globalen Vernetzung veränderten sich natürlich auch die Anforderungen an die Wohn- und Arbeitsumgebungen, also die Gebäude. Dabei zeigte sich immer deutlicher, dass die building performance und die Qualität eines Gebäudes immer mehr von den elektrischen Funktionen abhängt. Die Anzahl der elektrischen Verbraucher in einem Gebäude und damit auch der gesamte Stromverbrauch steigen ständig. Systeme für die künstlichen Beleuchtung, Beschattung, Klimatisierung und die Gebäudeüberwachung und -sicherheit benötigen alle Strom und so rückt seit Beginn der Klimadiskussion insbesondere das Ziel eines möglichst energieeffizienten Gebäudebetriebs als eine der wichtigsten Funktionen immer deutlicher in den Fokus.

Beurteilt man dazu als einen Qualitätsfaktor die Elektroinstallation, durch die die Einflussmöglichkeiten zum Steuern und Stromsparen festgelegt sind, so stellt man fest, dass eine konventionelle Installation bezüglich der notwendigen oder gewünschten Funktionalität stark limitiert ist. Insbesondere wenn zu den auf einen Raum bezogenen Funktionalitäten, wie z.B. Ein- Ausschalten der Lampe des Raums mit dem Schalter des Raums, auch raumübergreifende Funktionalitäten, wie z.B. Ausschalten aller Lampen in dem Gebäude mit einem Schalter, hinzukommen. Gebäude, die für moderne Anforderungen gerüstet sein sollen, benötigen daher eine „intelligentere“ Installationstechnik, die mehr Möglichkeiten und Freiheitsgrade bietet.

Deren grundsätzlicher Vorteil im Vergleich zu einer konventionellen elektrischen Installation, bei der die elektrischen Verbraucher direkt über 230V-Leitungen mit den Schaltern verbunden sind und damit auch die Schalt- oder Steuerinformation, z.B. Drücken eines Lichtschalters, unmittelbar mit der durch die Leitungsverbindung festgelegten Schalt- oder Steueraktion, z.B. Ein- und Ausschalten der Lampe, gekoppelt ist, besteht darin, dass bei den „intelligenten“ Systemen eine Trennung von Information und Aktion zur Stromverteilung erfolgt. Zunächst werden die Steuerinformationen von Sensoren erfasst und in ein informationstechnisches System eingeleitet. Dort erfolgt eine Verarbeitung der Information, z.B. welche Information an welche Aktoren vermittelt werden soll und welche Aktion damit verbunden ist. Entsprechend der Adressierung wird die Information von den bestimmten Aktoren empfangen und dort in die gewünschte Aktion umgesetzt.
 

Bei den ersten Systemen wurde die Informationsverarbeitung mit einem zentralen Prozessor erledigt. Dabei erfassen digitale Eingänge die Sensorinformation und digitale Ausgänge steuern die elektrischen Verbraucher. Lange Leitungswege, fehlende Flexibilität und das Risiko eines Ausfalls der Zentrale führten dann zu dem nächsten Entwicklungsschritt, den dezentralen Bus-Systemen.

Durch den Einsatz von kleinen Elektronikchips werden dabei die Sensorinformationen möglichst nah am Entstehungsort erfasst, entsprechend den Softwareeinstellungen ausgewertet und mit einem festgelegten Protokoll in ein Informationsübertragungsmedium eingespeist, wo sie an anderer Stelle wieder abgegriffen werden können. An dieses Medium (z.B. Bus-Kabel), sind dann alle Busteilnehmer (Sender und Empfänger) angeschlossen, so dass die gesendeten Informationen allen Teilnehmern zur Verfügung stehen. Die weitere Informationsverarbeitung erfolgt dann im Empfänger, wo man ebenfalls per Software einstellen kann, ob und welche Aktion ausgeführt wird.

Durch die Entkopplung von Information und Aktion, war es nun auf Einmal möglich, einer Information, z.B. Drücken des Schalters S1, verschiedene Aktionen, z.B. Einschalten Lampe A und Ausschalten Lampe B, zuzuordnen und die Zuordnungen auch wieder zu verändern oder zu ergänzen, z.B. zusätzlich Einschalten Lampe C mit Schalter S1. Da die Einspeisung und der Abgriff der Information an jeder beliebigen Stelle im Gebäude erfolgen kann, können durch ein Bus-System auch solche Funktionalitäten, wie z.B. Ausschalten aller Verbraucher mit einem Schaltbefehl, realisiert werden, die bei einer konventionellen Installation nur durch sehr aufwändige und komplexe Schaltungen oder gar nicht möglich sind.

Wie bei vielen anderen Technologiesprüngen entwickelten zunächst verschiedene Hersteller parallel proprietäre Systeme, die zwar grundsätzlich den gleichen Ansatz verfolgten, sich aber in vielen technischen Details wie z.B. dem Protokollaufbau unterschieden. Erst durch die Schaffung eines Standards, der zunächst als Europäischer Installationsbus (EIB) und heute als KNX in verschiedenen Normen (EN 50090, ISO/IEC 14543-3) verankert ist, wurde der notwendige und entscheidende Schritt getätigt, um der intelligenten Gebäudetechnik zum Durchbruch zu verhelfen. Durch genaue Festlegungen der physikalischen Struktur (Topologie, Spannungsniveau, technische Daten der Busteilnehmer…) und der logischen Struktur (Übertragungsprotokoll, Befehlstypen…) wurde ein offener Standard kreiert, der es grundsätzlich jedem Hersteller erlaubt systemkompatible Produkte zu entwickeln. Als wichtigste Eckdaten benutzt das KNX System eine aus zwei mal zwei Aderpaaren bestehende Leitung (z.B. -Y (St) Y 2x2x0,8 oder YCYM 2x2x0,8) zur Informationsübertragung und kann in 15 Bereiche mit je 15 Linien mit je 256 Teilnehmern aufgeteilt werden. Das System wird mit einer 30V Nennspannung und einer Datenrate von 9,6 kB betrieben und verwendet das Zugriffsverfahren CSMA/CA um Datenverluste zu vermeiden. Andere Übertragungsarten wie Funk oder Powernet sind als Varianten ebenfalls erlaubt.

Zwar gibt es mittlerweile noch weitere, standardisierte Bus Systeme für die Gebäudesteuerung. Gegenüber denen zeichnet sich das KNX System aber dadurch aus, dass es genau das richtige Maß an Leistungsfähigkeit (Teilnehmeranzahl, Datenraten, Protokolltypen…) in Bezug auf Kosten und Komplexität besitzt. Zudem gewährleistet KNX eine sehr hohe Betriebstabilität und selbst der Ausfall einzelner Teilnehmer führt nicht zu einem kompletten Systemausfall.

Mittlerweile haben weit über 200 Firmen dazu über 4000 Produktgruppen geschaffen, die dem Anwender alle möglichen und denkbaren Funktionalitäten zum Steuern und Überwachen der Gebäudefunktionen bieten. Die Interoperabilität der Geräte und die Entwicklung der Software zur Projektierung und Parametrierung der Sensoren und Aktoren (ETS – Engineering Tool Software) wird von der Dachorganisation KNX-Association mit Sitz in Brüssel überwacht. Dadurch wird gewährleistet, dass wirklich alle KNX Produkte reibungslos miteinander funktionieren.