Eine neue Norm! – was ist sie wert? (Teil 3)

Veröffentlicht: 17. November 2009 Kategorie: Fachartikel

Dem Prüfer setzt sie keine Grenzen

Eine neue Norm! – was ist sie wert?  (Teil 3)
Mit den Überschriften der beiden abgelösten Normen wurde schon immer deutlich, dass es – dem Anliegen des VDE-Vorschriftenwerks entsprechend – beim Prüfen der Geräte um den uneingeschränkten Nachweis ihrer elektrischen Sicherheit ging. Dies wurde im Titel der neuen vereinigten Norm nun nochmals und ganz bewusst deutlich gemacht. Er lautet:

"Prüfung...elektrischer Geräte, Anforderungen an die elektrische Sicherheit".

Das heißt, wer elektrische Geräte prüft, der kommt an dieser Norm nicht vorbei und
  • hat, um der Norm gerecht zu werden, alle Gefährdungen zu erkennen, die durch die Elektrizität an diesem Gerät auftreten können und
  • muss fragen, ob gewährleistet ist, dass alle diese Gefährdungen durch Schutzmaßnahmen beseitigt werden.
Es geht also nicht, und diese irrige Ansicht ist auch heute noch weit verbreitet, es geht nicht nur um die Gefährdung durch den elektrischen Schlag und die zugehörige Schutzmaßnahme, den Berührungsschutz. Nein, es ist als Teil der Prüfung auch zu fragen, ob der Brandschutz, der Schutz gegen Übertemperatur und gegebenenfalls gegen Über- und Unterspannung vorhanden ist. Sicherlich, bei den meisten Geräten gibt es da keine Probleme, oder? Falsche Leitungstypen, unrichtige Einsatzbedingungen, Überbeanspruchungen, unzuverlässige Billiglösungen usw. wirken doch alle in dieser Richtung. Die Norm setzt solchen kritischen Überlegungen des Prüfers jedenfalls keine Grenze. Ganz im Gegenteil, sie setzt das grenzüberschreitende Denken voraus. Und ebenso gehören alle Gefährdungen, die sich aus den Funktionen des zu prüfenden elektrischen Geräts ergeben (Bewegung, Temperatur, Druck usw.), sowie die zu deren Abwehr nötigen Maßnahmen, mit in das Prüfprogramm.

Selbstverständlich sind auch alle im Gerät angeordneten Schutzeinrichtungen, z. B. FI-Schutzschalter und Isolationsüberwachungen zu prüfen, obwohl dazu in dieser Norm keine unmittelbaren Vorgaben zu finden sind. Es werden dann eben – grenzüberschreitend – auch andere Prüf-Normen z. B. DIN VDE 0100-600 zu Rate gezogen, in denen das steht was der Prüfer braucht.

Andererseits, Anforderungen hinsichtlich der „nicht elektrischen“ Gefährdungen und Schutzmaßnahmen gehören nicht zum Repertoire von DIN VDE 0701-0702. Eine Erleichterung bringt diese „Begrenzung“ dem Prüfer jedoch nicht. Er ist durch die Betriebssicherheitsverordnung verpflichtet, die Sicherheit insgesamt zu gewährleisten, wieder muss er sich selbst fragen, ob es Gefährdungen gibt, die unabhängig von der elektrischen Gerätefunktion auftreten, z. B. mechanische Funktionen und Beanspruchungen durch Klemmvorrichtungen, Verriegelungen und Schaltergriffe. Auf die Notwendigkeit auch in diesem Fall über die Grenzen hinweg zu denken und sich z. B. in den Produktnormen der Geräte zu informieren, wird aber – netterweise – hingewiesen.

Die Norm DIN VDE 0701-0702 ist also gewissermaßen die Keimzelle, der Ursprung der Prüfung und der Prüfaufgaben. Sie enthält die vom Prüfer zu beachtenden grundlegenden Anforderungen und die grundlegenden Prüfverfahren, mit denen die elektrische Sicherheit nachzuweisen ist. Und ebenso wie es keine klare Grenze zwischen den verschiedenen elektrischen Erzeugnissen Gerät – Betriebsmittel – Maschine – Anlage gibt, sind auch die in deren Prüf-Normen angeführten Prüfverfahren nicht nur dem Einen oder dem Anderen vorbehalten, sondern Allgemeingut. Sie können bei allen Arten der Erzeugnisse und allen Arten der Prüfung benötigt werden. Jeder kann sich und sollte sich bedienen.

Schlussfolgerung

Wer elektrische Geräte ordnungsgemäß prüfen will, muss alle Prüfnormen mit den für sie möglichen Prüfverfahren kennen, um nichts von dem zu übersehen was nötig ist. Und er sollte beachten, dass die Vorgaben in DIN VDE 0701-0702 „Prüfung....elektrischer Geräte....“
  • einerseits auch für das Prüfen aller anderen elektrischen Erzeugnisse erforderlich sind,
  • andererseits aber, dem ja weisungsfreien Prüfer, keine Grenzen für das Bestimmen des Prüfumfangs setzen.
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