Wasserschäden durch Lochfrass an Rohrleitungen - ein Fall nur für den Klempner? Weit gefehlt! Denn die Ursache sind zunehmend vagabundierende Ströme, hervorgerufen durch "verPENnte" Elektroinstallationen. In Verbindung mit Feuchtigkeit verursachen diese hochfrequenten Ströme eine anodische Oxidation an Rohrleitungen, bei der das Metall aufgelöst wird. Unzählige Wasserschäden sind die Folge.
Bei diesen Herumstreunern handelt es sich Oberschwingungen mit Frequenzen, die um ein Vielfaches höher sind als 50 Hz. Oberschwingungen werden unter anderem von elektronischen Vorschaltgeräten (EVG´s) und Frequenzumrichtern für elektrische Antriebe hervorgerufen. Größtenteils verursachen einphasig getaktete Netzteile, die man zur Versorgung elektronischer Geräte einsetzt, diese problematischen Oberschwingungen. Solche Verbraucher bewirken zudem eine unsymmetrische Netzbelastung. Unsymmetrie führt zu einer Strombelastung des Neutralleiters, die aufgrund der heutigen Verbraucherstruktur mehrere Ampere betragen kann.
In 4 Leiter bzw. TN-C Netzen sind Schutz- (PE)
und Neutralleiterfunktion (N) in einer Ader, dem sogenannten PEN Leiter,
realisiert. Der PEN Leiter wurde in der Vergangenheit mit einem reduziertem
Querschnitt ausgeführt, da man von einer symmetrischen Netzbelastung ausging.
Solche Leiter bilden aufgrund der Überlastung durch Oberwellen heutzutage eine
echte Brandgefahr. In den moderneren 5 Leiter bzw. TN-S Netzen werden hingegen Schutzleiter (PE) und Neutralleiter (N) getrennt ausgeführt. Den Neutralleiter verlegt man isoliert und geerdet Ihn nur einmalig am zentralen Erdungspunkt (ZEP). |
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Die häufigste Netzform TN-C-S ist eine Mischung von TN-C und TN-S, bei der die Neutralleiter mehrfach geerdet werden. Bei Mehrfacherdung eines Neutralleiters sind vagabundierende Ströme vorprogrammiert.
In Häusern, wo klassisch "genullt" oder TN-C-S Netze installiert wurden, kann es daher schon mal kribbeln, wenn man an den Heizkörper fasst.
Dieses Problem gewinnt nicht aber nur in Wohnhäusern immer mehr an Relevanz. Gerade in Büro- und Verwaltungsgebäuden geht ohne moderne EDV nichts mehr. Vagabundierende Strömen erzeugen überall, wo sie auftreten, elektromagnetische Felder und führen so zu einer enormen EMV Belastung. Durch diese hochfrequenten Felder werden Ströme auf Schirmungen von Datenleitungen induziert - einer der Hauptgründe für Störungen bei der Datenübertragung. Vagabundierende Ströme verursachen zudem Datenverluste, Systemabstürze und zerstören die Elektronik in EDV Geräten.
Im Gegensatz zu TN-C Netzen und der Mischform TN-C-S sind reine TN-S Netze EMV günstig.
Obwohl die VDE 0100 Teil 540 im Abschnitt 8.2 PEN- Leiter mit entsprechendem Querschnitt zulässt, verlangt Sie im Teil 444 Abschnitt 3.12: "In Gebäuden, die in bedeutendem Umfang Betriebsmittel der Informationstechnik aufweisen oder von denen dies für die Zukunft zu erwarten ist, muss ab dem Gebäudeeintritt der Stromversorgung die Anwendung des TN-S-Systems, d. h. die Verlegung getrennter Schutzleiter (PE) und Neutralleiter (N), in Betracht gezogen werden, um die Wahrscheinlichkeit von elektromagnetischen Problemen infolge der Verschleppung von Neutralleiterströmen auf Signalkabeln oder -leitungen zu minimieren, die Schäden oder Störungen verursachen können."
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Deshalb gilt: Bei Neuanlagen ist immer die
Netzform TN-S zu wählen! Was aber geschieht mit den vielen tausend Altinstallationen in Deutschland, bei denen der PEN Leiter sogar mit einem verringerten Querschnitten verlegt wurde? Hierbei sind Sie als Elektro- Fachmann besonders gefordert. Im Rahmen wiederkehrender Prüfungen nach BGV A2 oder beim eCheck muss unbedingt die Strombelastung des PEN Leiters gemessen und dokumentiert werden. Die Stromzange ist bei solchen Gelegenheiten auch mal an Rohrleitungen anzusetzen, um so das Gebäude auf vagabundierende Ströme hin zu überprüfen.> Lassen sich erhöhte Stromwerte auf dem PEN Leiter feststellen oder treten vagabundierende Ströme auf, so ist der Betreiber auf folgende - zwingend erforderliche - Modernisierungsmaßnahme schriftlich hinzuweisen: |
Das TN-C Netz oder TN-C-S Netz ist in reines TN-S Netz zu überführen:
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Diese grobe Auflistung lässt erahnen, wieviel Potential in der Modernisierung der vielen tausend in Deutschland vorhandenen "verPENnten" Installationen steckt. Die Sanierung von Altanlagen bietet bereits heute jede Menge Arbeit für den gewieften Elektrohandwerker.