Gebäudesystemtechnik (ESHG)

Veröffentlicht: 25. September 2006 Kategorie: Fachartikel

Die „Elektrische Systemtechnik für Heim und Gebäude (Gebäudesystemtechnik – ESHG) beschreibt die Vernetzung von verschiedenen Komponenten über einen Installationsbus zu einem auf die Elektroinstallation abgestimmten System. Hierbei werden die verschiedenen Funktionen und Abläufe mittels geeigneter Sensoren und Aktoren sowie deren gewerkeübergreifende Verknüpfung in einem Gebäude sichergestellt.

Gebäudesystemtechnik (ESHG)

Hervorzuheben bei der Elektroinstallation mit BUS-Technik sind der wahlfreie Einsatz und das problemlose Zusammenarbeiten von busfähigen Installationsgeräten mit unterschiedlichen Funktionen und die Möglichkeit für das mühelose Anpassen der Funktionen der elektrischen Anlagen, z. B. bei Nutzungsänderungen. 

1. Anforderungen an die Installation von Anlagen mit Gebäudesystemtechnik

Neben den üblichen Installationsbestimmungen, die im Wesentlichen in der Normenreihe DIN VDE 0100 festgelegt sind, gilt für Anlagen mit Gebäudesystemtechnik zusätzlich die Norm DIN EN 50090-9-1 (VDE 0829-9-1):2004-11 mit dem Titel "Elektrische Systemtechnik für Heim und Gebäude (ESHG) - Teil 9-1: Installationsanforderungen - Verkabelung von Zweidrahtleitungen ESHG Klasse 1."

Diese legt die allgemeinen Richtlinien für die Planung und Umsetzung sowie für die Installation der Verkabelung für die Elektrische Systemtechnik für Heim und Gebäude (ESHG) fest. Dabei werden die Ausführung der verwendeten Kabel und Leitungen einschließlich deren Verlegung und Verbinder berücksichtigt. Die Norm bezieht sich speziell auf die Verwendung von Kupferkabeln. Nicht Gegenstand dieser Norm ist die Informationsübertragung über das 230/400 V-Stromversorgungsnetz und die Übertragung mittels Lichtwellenleiterkabel. 

Eine der Hauptfunktionen und Anwendungsbereiche der Elektrischen Systemtechnik für Heim und Gebäude ist die Steuerung von Geräten, die mit Netzspannung 230/400 V versorgt werden. Die Steuerung erfolgt über ein Datenbussystem, in dem die Geräte und Funktionen, wie z. B. beim Europäischen Installationsbus EIB, dezentral angeordnet sind und deren datentechnische Verknüpfung durch einen gemeinsamen Kommunikationsprozess über eine Zweidrahtleitung erfolgt. Die Verkabelung für ESHG-Systeme mittels Zweidrahtleitungen (Twisted Pair) muss mit dem Stromverteilungsnetz und anderen im Gebäude vorhandenen Netzwerken hinsichtlich der elektrischen Sicherheit und elektromagnetischen Verträglichkeit kompatibel sein.

Klassifizierung von ESHG-Anlagen

Anlagen mit elektrischer Systemtechnik für Heim und Gebäude (ESHG) werden in drei Klassen eingeteilt.

Zu den vorrangigen Aufgaben einer ESHG der Klasse 1 gehört das Steuern, Schalten, Regeln, Überwachen und Kontrollieren von Anlagen der Gebäudetechnik und Gebäudeautomatisierung, z. B. von Beleuchtungsanlagen, Heizungs-, Lüftungs- und Klimageräten, Melde- und Signalgeräten und Ähnlichem.

Eine ESHG der Klasse 2 ermöglicht zusätzlich zu den Funktionen der Klasse 1 eine einfache Ton- und Standbildübertragung z. B. für Haustelefone, Türsprechanlagen oder Lautsprecherdurchsagen.

Mit ESHG der Klasse 3 werden neben den Funktionen der Klassen 1 und 2 auf Grund der hohen Bandbreite auch Datenübertragungen sowie Bild- und Tonübertragungen in hoher Qualität möglich.


Arten und Strukturen der Verkabelung

Die Verkabelungen für ESHG-Netzwerke können mit Zweidrahtleitungen sowohl als Bus-, Stamm-, Stern- oder Ringleitungen ausgeführt werden. An jeder beliebigen Stelle des Leitungssystems sind, auch nachträglich, Abzweige möglich. Damit eine ausreichende Flexibilität für Erweiterungen und Änderungen erreicht wird, sollte die Installation des ESHG-Systems soweit wie möglich an die Installation des Stromversorgungsnetzes (230/400 V) angeglichen werden.

Weiter unterscheidet die Norm zwischen sechs unterschiedlichen Installationsplätzen, die entsprechend ihres Standortes aktive und/oder passive Geräte sowie die notwendige Verbindungshardware beinhalten:

  • IS1 - Platz für Standortverteiler,
  • IS2 -  Platz für Gebäudeverteiler,
  • IS3 -  Platz für Stockwerksverteiler,
  • IS4 -  Platz für Wohnungsverteiler,
  • IS5 -  Platz für Raumanschlusspunkt und
  • IS6 -  Anschlusspunkt für die Anwendung, z. B. Sensor oder Aktor.

Die Installationsplätze ermöglichen die Unterteilung des Kabel- und Leitungsnetzes in verschiedene Segmente, so dass Störungen und Fehler örtlich begrenzt bleiben und sich nicht negativ auf das gesamte ESHG-Netzwerk auswirken. In jedem Gebäude muss neben den Installationsplätzen IS5 und IS6 mindestens ein Installationsplatz vom Typ IS4 vorgesehen werden. Die möglichen Strukturen werden in der Norm anhand von mehreren Beispielen erläutert.

Die Größe und das Volumen der Installationsplätze orientiert sich an der Anzahl der einzubauenden Geräte und der Zahl und Art der eingeführten Kabel und Leitungen. Gehäuse und Schränke müssen den Einbau von 35 mm DIN-Schienen (Hutprofilschienen) zur Befestigung der Geräte ermöglichen.

Anforderungen an Kabel und Leitungen für ESHG-Netzwerke

Die als Zweidrahtleitungen ausgeführten Steuerleitungen ermöglichen die Datenübertragung und stellen gleichzeitig, wo dieses notwendig ist, die Versorgung der angeschlossenen ESHG-Geräte mit Energie sicher. Aus funktionalen Gründen müssen unter anderen folgende Anforderungen erfüllt sein:

  • Leiterdurchmesser:    0,8 mm,
  • Kabel- bzw. Leitungsaufbau:  Mantelleitung,
  • Anzahl der Adern:    1 oder 2 Paare,
  • Leitermaterial der Adern:   Cu ein- oder mehrdrähtig,

Damit die Kabel und Leitungen für das ESHG-Netzwerk zusammen mit den Kabel und Leitungen des Stromversorgungsnetzes verlegt werden können, sind zusätzlich die Anforderungen an die elektrische Sicherheit zu beachten. Die Qualität von Isolierung und Ummantelung hinsichtlich von Temperaturbeständigkeit, mechanischer Festigkeit, Alterung, Brandsicherheit und Ähnlichem ist nach den gleichen Gesichtspunkten auszuwählen, wie für die Stromversorgungsleitungen, die unter den gleichen Installations- und Verlegebedingungen installiert werden.

Kabel und Leitungen, die für eine Spannungsfestigkeit von mindestens 2 kV Wechselspannung ausgelegt sind, dürfen nach DIN EN 50090-2-2/A1 (VDE 0829-2-2/A1) ohne Abstand zu den Stromversorgungsleitungen (230/400 V) verlegt werden. So ist z. B. die Fernmeldeleitung IE-Y(St)Y für solche Installationen, ohne Einhaltung eines Abstands, zugelassen.
Wenn die vorstehenden Anforderungen nicht erfüllt sind, ist ein Verlegeabstand von mindestens 10 mm oder eine entsprechende Trennung notwendig.

Innerhalb von Gehäusen ist eine sichere Trennung zwischen den ESHG-Stromkreisen und Stromkreisen mit 230/400 V sicherzustellen. In Gehäusen, die ohne Werkzeug geöffnet werden können, darf keine Berührung spannungsführender Teile von Stromkreisen mit 230/400 V möglich sein.

Zwischen den Leitern von ESHG-Netzwerken und Systemen der Informationstechnik ist mindestens eine Isolierung vorzusehen, die für eine Nennisolationsspannung von 100 V ausgelegt ist.

Zum Schutz gegen elektromagnetische Beeinflussung (EMV), Überspannung und Blitzschlag können weitere Maßnahmen erforderlich sein. Vorhandene Kabelschirme können die Qualität der elektromagnetischen Verträglichkeit erheblich verbessern. Sie müssen dazu, unter Einbeziehung der Gerätegehäuse, korrekt zu einem geschlossenen Faradayschen Käfig unter Berücksichtigung der Anforderungen aus DIN EN 50174-1 (VDE 0800-174-2) "Installationsplanung und -praktiken" verbunden werden. 

Verkabelungssysteme wie Elektroinstallationsrohre, Kabelkanäle, Kabelpritschen müssen bezüglich ihrer Abmessungen ausreichende Reserven für die momentane Installation und für zukünftige Erweiterungen beinhalten. Bei Verwendung von Leitungsrohren zwischen den Installationspunkten IS5 und IS6 ist mindestens ein Innendurchmesser von 20 mm vorzusehen. 

Verkabelungsmodelle und weitere Informationen
Beispiele für verschiedene Bus- und Gebäudestrukturen, Verkabelungs-Topologien und Planungsaspekte sowie Anforderungen an die Dokumentation und an die Verkabelungsstrecken können den Anhängen zur Norm entnommen werden. Der Anhang C.2 enthält eine Übersicht über die Ausstattung von Wohnungen und kleinen Zweckbauten in Deutschland, entsprechend den Komfortklassen des Fachverbandes für Energiemarketing und Anwendung (HEA), die der RAL-RG 678 entnommen werden können.

2. Elektrische Anlagen in Wohngebäuden nach RAL-RG 678

Die im September 2004 neu herausgegebene Schrift des Deutschen Instituts für Gütesicherung und Kennzeichnung - als Ersatz für RAL-RG 678:1990-03 - gilt für Elektroinstallationen in Wohnungen. Als Wohnungen in diesem Sinne gelten alle selbstständigen Wirtschaftseinheiten sowohl in Wohngebäuden (auch Einfamilienhäuser) als auch in sonstigen Gebäuden.

Festgelegt werden der Ausstattungsumfang von Wohnungen auf Grundlage der DIN 18015-2 in drei Ausstattungsstufen, wobei

  • der Ausstattungswert 1 (ein Stern) der Mindestausstattung nach DIN 18015-2 entspricht,
  • der Ausstattungswert 2 (zwei Sterne) eine Standardausstattung und
  • der Ausstattungswert 3 (drei Sterne) eine gehobene Ausstattung beschreibt.

Durch die Ausstattungswerte erhalten Bauherrn, Mieter und Käufer von Wohnungen eine für diese leicht zu überschauende Beurteilung der geplanten oder vorhandenen Elektroinstallation. Behandelt werden:

  • Starkstromanlagen,
  • Gebäudesystemtechnik,
  • Haus- und Telekommunikationsanlagen, Warntechnik sowie
  • Empfangs- und Verteilanlagen für Radio und Fernsehen.

Die Zahl der Steckdosen und Anschlüsse für die Beleuchtung sowie für die elektrischen Großgeräte und Telekommunikations- und Empfangsverteilanlagen sind in Tabellen in Abhängigkeit vom Ausstattungswert und der Raum- bzw. Wohnungsgröße festgelegt (Tabelle 1).

Um den späteren Einsatz von Anlagen zur Gebäudesystemtechnik möglich zu machen, sollten dafür grundsätzlich entsprechende BUS-Leitungen oder Leerrohrsysteme vorgesehen werden.

Die den Bettplätzen, den Arbeitsflächen von Küchen, Kochnischen und Hausarbeitsräumen sowie den Telekommunikationsanschlüssen zugeordneten Steckdosen sind mindestens als Zweifach-Steckdosenkombinationen auszuführen. Neben den Anschlussdosen für Empfangsverteilanlagen (Antennensteckdosen) sind Steckdosen mindestens als Dreifach-Steckdosenkombinationen vorzusehen. Die Steckdosenkombinationen zählen hinsichtlich ihrer Bewertung bezüglich des Ausstattungsumfangs jedoch nur als eine einzelne Steckdose.

Tabelle 1: Beispiel für die Ausstattung eines Wohnraums mit Steckdosen und Beleuchtungseinrichtungen: 

Weitere Empfehlungen der Schrift behandeln die Größe des  Stromkreisverteilers und die Aufteilung der Stromkreise. Während beim Ausstattungswert 1 mindestens ein zweireihiger Stromkreisverteiler im Lastschwerpunkt der Wohnung vorzusehen ist, sollte beim Ausstattungswert 3 mindestens ein vierreihiger Verteiler installiert werden. Der größere Verteiler wird für die zusätzlichen Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreise, insbesondere aber für die zusätzlichen Gerätestromkreise, wie für Bügelmaschine, Dampfgarer, Sauna usw. benötigt.

Für die Einspeisung zum Verteiler wird unabhängig von der Ausstattung eine selektive Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit einem Bemessungs-Differenzstrom von I?N = 300 mA zum Fehler- und Brandschutz empfohlen.
Nach DIN 18015-2 ist die Zuordnung der nachgeschalteten, weiteren Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) so vorzunehmen, dass ein Abschalten nicht zum Ausfall aller Stromkreise führt, d. h. die Stromkreise sind entsprechend auf mehrere RCDs aufzuteilen.

3. Empfehlungen zur Ausstattung von Wohnungen mit Anlagen der Gebäudesystemtechnik nach DIN 18015-2

Der Anhang A der Norm DIN 18015-2 enthält zusätzliche Empfehlungen und Anforderungen zur Ausstattung von Wohnungen mit Gebäudesystemtechniken (Tabelle 2).
Beispielsweise sollten in jedem Raum ein bis zwei Steckdosen für ortsveränderliche Verbrauchsmittel über die Gebäudesystemtechnik schaltbar sein.

Weitere Punkte betreffen die

  • Beleuchtungssteuerung,
  • Heizungs- und Lüftungsregelung,
  • Jalousie-, Rollladen- und Markisensteuerung,
  • Fenster- und Türüberwachung,
  • Anschlüsse für BUS-fähige Hausgeräte usw.

Tabelle 2: Anforderungen an die Gebäudesystemtechnik in bestimmten Räumen (Auszug aus DIN 18015-2)