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Erdungsschemas in der Niederspannung - Teil 1

Veröffentlicht: 23. September 2011 Kategorie: Fachartikel

Das vorliegende Technische Heft ruft die mit einem Isolationsfehler verbundenen Gefahren für den Personen- und Geräteschutz in Erinnerung. Es legt das Schwergewicht auf den Einfluss des Erdungsschemas auf die Verfügbarkeit der elektrischen Energie. Es stellt die drei Erdungsschemas vor, die in der Norm IEC 364 festgelegt sind und in den einzelnen Ländern unterschiedlich angewendet werden.

Erdungsschemas in der Niederspannung - Teil 1
Jedes Erdungsschema, auch "Sternpunktbehandlung" genannt, wird in Bezug auf die Sicherheit (Schutz, Wartbarkeit, Verfügbarkeit) betrachtet. Es gibt keine schlechten Erdungsschemas, denn alle gewährleisten den Personenschutz. Alle haben Vor- und Nachteile und müssen abgesehen von normativen oder gesetzlichen Vorschriften oder Verboten aufgrund der Bedürfnisse ausgewählt werden.

Entwicklung der Bedürfnisse
Die drei heute in IEC 346 festgelegten Erdungsschemas, seit langem auch Sternpunktbehandlung genannt, sind:
  • Nullung, TN
  • Schutzerdung, TT
  • Nicht (oder über eine Impedanz) geerderter Sternpunkt, IT
Diese drei Schemas haben denselben Zweck in Bezug auf den Personen- und Geräteschutz: die Beherrschung der Auswirkung von Isolationsfehlern. Sie werden hinsichtlich des Personenschutzes beim indirekten Berühren als gleichwertig erachtet. Dies gilt nicht unbedingt für die Sicherheit der elektrischen NS-Anlage in Bezug auf:
  • die Verfügbarkeit der Energie,
  • die Wartung der Anlage.
Diese bezifferbaren Größen bilden den Gegenstand von ständig zunehmenden Anforderungen in den Fabrikations- und Dienstleistungsgebäuden. Außerdem spielen die Gebäudeleitsysteme (GTB) und die Energieverteilungs-Management- Systeme (GTE) auf der Ebene des Managements und der Sicherheit eine immer wichtigere Rolle. Diese Entwicklung des Sicherheitsbedürfnisses ist somit nicht ohne Auswirkungen auf die Wahl des Erdungsschemas. Es muss daran erinnert werden, dass Überlegungen der Kontinuität der Versorgung (Erhaltung des öffentlichen Verteilnetzes in betriebstüchtigem Zustand durch Abschaltung der Abonnenten, die einen Isolationsfehler haben) bei der Entwicklung der Erdungsschemas eine Rolle gespielt haben.

Ursachen von Isolationsfehlern
  • die Verwendung von Isolierstoffen,
  • die Einhaltung von Abständen in der Form von Luft- und/oder Kriechstrecken.
Eine Isolation wird durch spezifische Spannungen gekennzeichnet, die in Übereinstimmung mit den Normen auf die Produkte und neuen Betriebsmittel angewendet werden:
  • Isolationsspannung (höchste Spannung im Netz)
  • Stehblitzspannung (Wellenform 1,2/ 50 ms)
  • Stehwechselspannung (2U + 1000 V/1 min)
Beispiel für einen NS-Verteiler vom Typ PRISMA:
  • Isolationsspannung: 1000 V
  • Stossspannungsfestigkeit: 12 kV
Bei der Inbetriebnahme einer fachmännisch mit den Normen entsprechenden Betriebsmitteln erstellten neuen Anlage ist die Gefahr eines Isolationsfehlers sehr gering. Mit dem Alter der Anlage nimmt diese Gefahr zu.

Die Anlage kann verschiedenen Faktoren ausgesetzt sein, die zu Isolationsfehlern führen, die zum Beispiel:
  • Während der Installation:
    • Mechanische Beschädigung der Isolation eines Kabels
  • Im Betrieb:
    • Ablagerungen von mehr oder weniger leitendem Staub
    • Thermische Alterung der Isolierstoffe aus den folgenden Gründen:
      • Klima,
      • zu viele Kabel im gleichen Kanal,
      • schlecht belüfteter Schrank,
      • Oberwellen,
      • Überströme.
    • Von einem Kurzschluss bewirkte elektrodynamische Kräfte, die ein Kabel beschädigen oder eine Luftstrecke verkleinern können
    • Schaltüberspannungen, Blitzüberspannungen
    • 50-Hz-Überspannungen infolge eines Isolationsfehlers auf der MSSeite.
Normalerweise führt eine Kombination dieser primären Ursachen zu einem Isolationsfehler. Dieser kann von der folgenden Art sein:
  • intern (zwischen den aktiven Leitern), der zum Kurzschluss wird.
  • extern (zwischen aktiven Leitern und dem Körper elektrischer Betriebsmittel oder der Erde). In diesem Fall fließt ein – äußerer oder "Nullstrom" (MS) genannter – Fehlerstrom im Schutzleiter (PE) und/oder in der Erde.
Die Erdungsschemas in der NS spielen vorwiegend bei äußeren Fehlern eine Rolle, die meistens an Verbrauchern oder Kabeln auftreten.

Mit einem Isolationsfehler verbundene Gefahren
Ein Isolationsfehler stellt unabhängig von der Ursache eine Gefahr für das Leben von Personen, die Unversehrtheit von Gütern, die Verfügbarkeit der elektrischen Energie dar, alles was mit der Sicherheit zu tun hat.

Gefahr der Elektrisierung von Personen
Eine mit einer elektrischen Spannung in Berührung kommende Person (oder ein Tier) wird elektrisiert. Je nach dem Ausmaß der Elektrisierung kann diese Person ein unangenehmes Gefühl, Muskelkontraktionen, Verbrennungen und/oder einen Herzstillstand (siehe Abb. 1) erleiden.



Der Schutz des Menschen vor gefährlichen Auswirkungen des elektrischen Stroms hat Vorrang, weshalb die Elektrisierungsgefahr die erste zu berücksichtigende Gefahr ist. Es ist der Strom I (Stärke und Dauer), der durch den menschlichen Körper (insbesondere das Herz) fließt, der gefährlich ist. In der NS ändert sich die Impedanz des Körpers (von welcher der Hautwiderstand eine wichtige Komponente ist) praktisch nur in Funktion der Umgebung (trockene oder feuchte Räume, nasse Räume). Für jeden Fall wurde eine Sicherheitsspannung (maximal zulässige Berührungsspannung während mindestens 5 s) festgelegt. In IEC 479 wird diese Vereinbarte Grenze der Berührungsspannung UL genannt. IEC 364, Abschnitt 413.1.1.1, legt fest, dass, wenn die Gefahr besteht, dass die Berührungsspannung (Uc) die Spannung UL übersteigt, die Dauer des Anstehens der Fehlerspannung mit Hilfe von Schutzeinrichtungen begrenzt werden muss (siehe Abb. 2).



Gefahr eines Brandes
Diese Gefahr kann, wenn sie Wirklichkeit wird, dramatische Auswirkungen auf Personen und Güter haben. Zahlreiche Brände haben als Ursache eine starke örtliche Überhitzung oder einen elektrischen Lichtbogen infolge eines Isolationsfehlers. Die Gefahr ist umso größer, je höher der Fehlerstrom ist. Sie hängt ferner vom Grad der Brand- oder Explosionsgefährdung des betreffenden Raumes ab.

Gefahr der Nichtverfügbarkeit der elektrischen Energie
Die Beherrschung dieser Gefahr wird immer wichtiger. Wenn zum Beseitigen des Fehlers der fehlerhafte Teil automatisch abgeschaltet wird, ergibt sich
  • eine Gefahr für Personen, zum Beispiel:
    • plötzlicher Ausfall der Beleuchtung,
    • Abschaltung von Betriebsmitteln, die für die Sicherheit erforderlich sind,
  • eine wirtschaftliche Gefahr infolge eines Produktionsausfalls. Diese Gefahr muss insbesondere in der Prozessindustrie beherrscht werden, für die ein Wiederanfahren langwierig und kostspielig sein kann.
Wenn zudem der Fehlerstrom hoch ist
  • können die Zerstörungen in der Anlage oder in den Verbrauchern groß sein und die Kosten erhöhen sowie die Reparaturzeiten verlängern,
  • kann ferner das Fliessen von hohen Fehlerströmen bei einem äußeren Isolationsfehler (zwischen Netz und Erde) empfindliche Geräte stören, insbesondere, wenn diese zu einem geographisch verteilten Schwachstromsystem mit galvanischen Verbindungen gehören.
Schließlich können bei der Abschaltung Überspannungen und/oder elektromagnetische Abstrahlungserscheinungen Funktionsstörungen oder sogar Beschädigungen empfindlicher Geräte bewirken.

Direktes und indirektes Berühren
Bevor wir mit der Behandlung der Erdungsschemas beginnen, ist es sinnvoll, die Besonderheiten der Elektrisierung durch direktes und indirektes Berühren in Erinnerung zu rufen.