Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 4-41: Schutzmaßnahmen; Schutz gegen elektrischen Schlag
Ebenfalls werden Anforderungen für die Anwendung eines zusätzlichen Schutzes durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) in bestimmten Fällen genannt.
Allgemeine Anforderungen
Eine wirksame Schutzmaßnahme muss grundsätzlich bestehen aus:
- einer geeigneten Kombination von zwei unabhängigen Schutzvorkehrungen, nämlich einer Basis-schutzvorkehrung (Schutz gegen direktes Berühren) und einer Fehlerschutzvorkehrung (Schutz bei indirektem Berühren), oder
- einer verstärkten Schutzvorkehrung, die den Basisschutz (Schutz gegen direktes Berühren) und den Fehlerschutz (Schutz bei indirektem Berühren) bewirkt.
In jedem Teil einer elektrischen Anlage muss mindestens eine der genannten Schutzmaßnahmen zur An-wendung kommen. Bei der Auswahl sind die äußeren Einflüsse zu berücksichtigen. Weiter können die in der elektrischen Anlage angewandten Schutzmaßnahmen bei der Auswahl und Errichtung der Betriebs-mittel von Bedeutung sein.
Automatische Abschaltung der Stromversorgung
Bei dieser Schutzmaßnahme wird der Basisschutz durch die Basisisolierung der aktiven Teile oder durch Abdeckung oder Umhüllung sichergestellt. Der Fehlerschutz hingegen wird durch den Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene (frü-her: "Hauptpotentialausgleich über die Hauptpotentialausgleichsschiene") und eine automatische Ab-schaltung im Fehlerfall erreicht. Der Basisschutz wird im Allgemeinen durch die Hersteller der Betriebsmittel gewährleistet, der Fehler-schutz ist bei der Errichtung der Anlage durch folgende Maßnahmen zu erfüllen:
- Schutzerdung (Erdung über den Schutzleiter) Alle Körper müssen mit einem Schutzleiter verbunden werden, der in Abhängigkeit abhängig von der Netzform eine Erdverbindung aufweist.
- Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene
In jedem Gebäude müssen der Erdungsleiter und die folgenden leitfähigen Teile verbunden wer-den:
- metallene Rohrleitungen von Versorgungssystemen, die in Gebäude eingeführt sind (z. B. Gas, Wasser);
- metallene Zentralheizungs- und Klimasysteme;
- fremde leitfähige Teile der Gebäudekonstruktion;
- metallene Verstärkungen von Gebäudekonstruktionen aus bewehrtem Beton, wo die Verstär-kungen berührbar und untereinander verbunden sind.
- Automatische Abschaltung im Fehlerfall Eine Schutzeinrichtung (z. B. Leitungsschutzschalter) muss im Falle eines Fehlers zwischen dem Außenleiter und dem Körper der Betriebsmittel oder einem Schutzleiter den Stromkreis innerhalb einer festgelegten Zeit abschalten. Als Abschaltzeiten sind folgende Maximalwerte festgelegt:
- für Endstromkreise (Nennstrom = 32 A) bei 400/230 V-Wechselstromnetzen
- in TN-Systemen: 0,4 s
- in TT-Systemen: 0,2 s
- für Verteilerstromkreise und Endstromkreise (Nennstrom > 32 A)
- in TN-Systemen: 5 s
- in TT-Systemen: 1 s
Zusätzlicher Schutz für Steckdosen und für Endstromkreise für den Außenbereich
Ein zusätzlicher Schutz durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenz-strom I?N = 30 mA ist erforderlich für:- Steckdosen mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 20 A, die für die Benutzung durch Lai-en und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind und
- Endstromkreise für im Außenbereich verwendete tragbare Betriebsmittel mit einem Bemessungs-strom = 32 A.
Doppelte oder verstärkte Isolierung
Bei dieser Schutzmaßnahme wird der Basisschutz durch die Basisisolierung und der Fehlerschutz durch eine zusätzliche oder verstärkte Isolation sichergestellt (früher "Schutzisolierung").
Elektrische Betriebsmittel der Schutzklasse II mit einer Kennzeichnung mit dem Symbol erfüllen diese Anforderungen. Für den Stromkreis zur Versorgung dieser Betriebsmittel ist ein durchgängig leitend ver-bundener Schutzleiter mitzuführen, damit ein späterer Austausch des Betriebsmittels gegen Schutzklasse I-Betriebsmittel möglich ist. Die Forderung zur Mitführung des Schutzleiters galt bisher nur für elektri-sche Anlagen in feuergefährdeten Betriebsstätten nach DIN VDE 0100-482 (VDE 0100-482). Der mitge-führte Schutzleiter ist in jedem Installationsgerät auf eine Klemme aufzulegen.
Schutztrennung
Bei dieser Schutzmaßnahme wird der Basisschutz durch die Basisisolierung der aktiven Teile oder durch Abdeckung oder Umhüllung sichergestellt. Der Fehlerschutz hingegen wird durch die Trennung des Stromkreises von anderen Stromkreisen und von Erde erreicht. Dabei müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:- Eine Stromquelle mit mindestens einfacher Trennung und einer maximalen Ausgangsspannung von 500 V, Symbol: .
- Die aktiven Teile und Körper der Betriebsmittel dürfen nicht mit anderen Stromkreisen, der Erde, mit anderen Körpern oder einem Schutzleiter verbunden sein;
- Flexible Leitungen und Kabel müssen an mechanisch beanspruchten Stellen sichtbar verlegt sein;
- Für Stromkreise mit Schutztrennung wird eine getrennte Kabel- und Leitungsanlage empfohlen, ansonsten sind weitere Maßnahmen erforderlich.
Bei dieser Schutzmaßnahme ist gefordert:- eine Spannungsbegrenzung auf AC 50 V oder DC 120 V, und
- eine sichere Trennung von allen anderen Stromkreisen (zwischen verschiedenen SELV- oder PELV-Systemen ist mindestens eine Basisisolierung erfor-derlich);
- nur für SELV-Systeme: Sicherstellung der Basisisolierung zwischen dem SELV-System und der Erde. Als Stromquellen können folgende Geräte eingesetzt werden:
- Sicherheitstransformatoren in Übereinstimmung mit DIN EN 61558-2-6 (VDE 0570-2-6);
- Stromquellen, die den gleichen Grad an Sicherheit erfüllen wie ein Sicherheitstransformator (z. B. Motorgeneratoren mit getrennten Wicklungen);
- elektrochemische Stromquellen (z. B. Batterien) oder andere unabhängige Stromquellen (z. B. Generatoren mit Verbrennungsmaschinen);
Ortsveränderliche Stromquellen, die aus dem Niederspannungsnetz versorgt werden, müssen zusätzlich den Anforderungen an die "Doppelte oder verstärkte Isolierung" entsprechen.
Stecker und Steckdosen für PELV- und SELV-Systeme dürfen nicht mit anderen Spannungssystemen kombinierbar sein, in SELV-Systemen dürfen die Steckvorrichtungen keine Schutzleiterkontakte besit-zen. Die Kabel- und Leitungsanlage ist sicher von aktiven Teilen anderer Stromkreise zu trennen. Körper von SELV-Stromkreisen dürfen keine absichtliche Verbindung zur Erde, zu Schutzleitern oder zu Körpern eines anderen Stromkreises aufweisen. PELV-Stromkreise und/oder Körper der versorgten Be-triebsmittel dürfen geerdet werden.
Ein Basisschutz ist in SELV- und PELV-Stromkreisen grundsätzlich nicht gefordert bei Spannungen kleiner AC 12 V oder DC 30 V. Im Allgemeinen kann in normalen, trockenen Umgebungen ebenfalls auf einen Basisschutz verzichtet werden, wenn die Spannungen AC 25 V oder DC 60 V nicht übersteigen. Bei Nennspannungen größer AC 25 V oder DC 60 V oder wenn Betriebsmittel in Wasser eingetaucht werden, ist ein Basisschutz durch Isolierung, Abdeckung oder Umhüllung immer erforderlich.
Zusätzlicher Schutz
Dieser Schutz kann unter bestimmten Bedingungen von äußeren Einflüssen und in bestimmten Bereichen gefordert sein (siehe Gruppe 700 der DIN VDE 0100). Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom I?N = 30 mA haben sich als zusätzlicher Schutz beim Versagen von Vorkehrungen für den Basisschutz und/oder Fehlerschutz sowie bei nicht bestimmungsgemäßer Nutzung von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln bewährt. Diese Maßnahme ist als alleiniges Mittel zum Schutz gegen elektrischen Schlag nicht ausreichend und muss immer mit anderen Schutzmaßnahmen kombiniert werden.
Zusätzlicher Schutzpotentialausgleich
Der zusätzliche Schutzpotentialausgleich (früher: örtlicher Potentialausgleich) ist eine Ergänzung zum Fehlerschutz zur Anwendung in besonderen Bereichen, wie z. B. dem Badezimmer.
Alle gleichzeitig berührbaren Körper der fest angebrachten Betriebsmittel, die fremden leitfähigen Teile, bei denen eine Spannungsverschleppung aus anderen Bereichen möglich ist und die Schutzleiter der Be-triebsmittel und Steckdosen werden miteinander verbunden. Damit wird das Auftreten von unzulässigen Potentialdifferenzen zwischen den verbundenen Anlagentei-len und Betriebsmitteln verhindert.
Schutz durch Hindernisse oder Schutz durch Anordnung außerhalb des Handbereichs
Die im Anhang B der Norm beschriebenen Schutzmaßnahmen "Schutz durch Hindernisse" und "Schutz durch Anordnung außerhalb des Handbereichs" dürfen nur in Anlagen angewendet werden, die z. B. wie elektrische Betriebsstätten nur zugänglich sind für:- Elektrofachkräfte und elektrotechnisch unterwiesene Personen oder
- Personen, die von Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesene Personen beaufsichtigt werden.
Hindernisse sind so zu gestalten, dass eine körperliche Näherung oder ein unbeabsichtigtes Berühren von aktiven Teilen während des Bedienvorganges verhindert wird.
Bei der Anordnung außerhalb des Handbereiches, werden aktive Teile so angeordnet, dass ein unbeab-sichtigtes Berühren nicht möglich ist. Die Grenzen des Handbereiches sind mit 2,5 m zu den Seiten und nach oben sowie mit 1,25 m bzw. 0,75 m nach unten definiert.
Die im Anhang C festgelegten Schutzvorkehrungen:- Schutz durch nicht leitende Umgebung,
- Schutz durch erdfreien örtlichen Schutzpotentialausgleich,
- Schutz durch Schutztrennung für die Versorgung von mehr als einem Verbrauchsmittel
Schutz durch nicht leitende Umgebung
Die Schutzmaßnahme ist dafür vorgesehen, ein gleichzeitiges Berühren von Teilen, die durch Fehler der Basisisolierung aktiver Teile ein unterschiedliches Potential annehmen, zu verhindern. Dieses kann wie folgt erreicht werden:- Anordnung der Körper, so dass ein gleichzeitiges Berühren von zwei Körpern oder einem Körper und fremden leitfähigen Teilen nicht möglich ist;
- Keine Verwendung von Schutzleitern;
- Isolierung von Fußböden, Wänden und fremden leitfähigen Teilen.
Schutz durch erdfreien örtlichen Schutzpotentialausgleich
Der erdfreie örtliche Schutzpotentialausgleich ist dafür vorgesehen, das Auftreten einer gefährlichen Be-rührungsspannung zu verhindern. Hierzu werden alle gleichzeitig berührbaren Körper und fremden leitfä-higen Teile mit einem Schutzpotentialausgleichsleiter untereinander verbunden. Es darf keine elektrische Verbindung zur Erde bestehen.
Schutz durch Schutztrennung für die Versorgung von mehr als einem Verbrauchsmittel Bei dieser Schutzmaßnahme gelten die gleichen Anforderungen wie bei der Schutztrennung, es dürfen aber mehrere Betriebsmittel an einer Stromquelle betrieben werden. Die Körper des getrennten Strom-kreises sind durch isolierte, nicht geerdete Schutzpotentialausgleichsleiter zu verbinden. Vorhandene Steckdosen müssen hierfür mit Schutzleiterkontakten ausgestattet sein und die flexiblen Leitungen zum Anschluss von Betriebsmitteln der Schutzklasse 1 einen Schutzleiter enthalten. In den Sekundärleitern sind Schutzeinrichtungen zu installieren, die im Fehlerfall eine Abschaltung innerhalb der geforderten Abschaltzeiten gewährleisten. Es wird empfohlen, die Kabel- und Leitungsanlage so zu dimensionieren, dass das Produkt aus der Nennspannung und der gesamten Leitungslänge 100000 Vm nicht übersteigt und die Länge auf maximal 500 m begrenzt ist.