Betriebssicherheit von USV-Anlagen – Mit weniger Aufwand höhere Verfügbarkeit sicherstellen – Teil 1

Veröffentlicht: 1. September 2009 Kategorie: Fachartikel

Unsere technisch ausgerichtete Welt lebt von und mit elektrischer Energie. Wir alle sind auf eine kontinuierliche Verfügbarkeit dieser Energie angewiesen. Dort, wo ein Ausfall zu Personen und/oder Sachschäden führt, muss die Energie ersatzweise zur Verfügung gestellt werden. Der eigentliche Energiespeicher ist dabei die wichtigste Komponente der Ersatzenergiekette – und dabei eine sensible Quelle, die regelmäßig Wartung und Service Bedarf. Kostenreduzierung kann hier nur stattfinden, wenn die Sicherheit gewährleistet bleibt.

Betriebssicherheit von USV-Anlagen – Mit weniger Aufwand höhere Verfügbarkeit sicherstellen – Teil 1
In der nachfolgenden kleinen Reihe, soll die Wartung von Bleibatterien betrachtet werden.
Teil 1 – Die bisherige Vorgehensweise: Kapazitätstests und deren Vor- und Nachteile
Teil 2 – Die Alternative zum Kapazitätstest: Bestimmung des Batteriezustands mittels Leitwertmessung
Teil 3 – Kritische Batterie-Systeme kontinuierlich überwachen

Teil 1 – Die bisherige Vorgehensweise: Kapazitätstests und deren Vor- und Nachteile

In den meisten Einsatzbereichen von Netzersatzanlagen sind heute nach wie vor Bleibatterien für die Speicherung der notwendigen Ersatzenergie im Einsatz. Dies wird aufgrund des deutlich günstigeren Preis/Leistungsverhältnis gegenüber anderen Energiespeichern auch in absehbarer Zeit so bleiben. Dabei kommen immer mehrere, in Reihe geschaltete Zellen bzw. Blöcke zum Einsatz um die notwendige Leistung zu bevorraten. In Telekommunikationssystemen oft 4 Stück, in umfangreichen IT-Umgebungen können auch einige hundert Zellen zum Einsatz kommen. Entscheidend ist die Spannung und Leistung bzw. Zeitdauer für die die Ersatzenergie zur Verfügung gestellt werden muss.

Von außen betrachtet stellen sich Batterien als starre und schwere Energiespeicher dar. Die Vorgänge im inneren sind aber enorm dynamisch und von vielen Einflussfaktoren wie Temperatur, Ladespannung, Restwelligkeit und anderen Faktoren, abhängig. Ungünstige Umgebungsbedingungen schlagen sich deutlich durch eine reduzierte Lebensdauer nieder. Gerade preiswerte Batterien sparen zunächst Investitionskosten, aber langfristig keine Wartungskosten, da eine Zustandsveränderung noch aufmerksamer erfasst werden muss. Nur so kann die Einsatzfähigkeit der Netzersatzanlage sichergestellt bleiben. Die Beurteilung und Inspektion einer Notstromanlage, egal für welchen Einsatz, beinhaltet eine Vielzahl von Maßnahmen. Dazu gehört die optische Inspektion der Batteriegehäuse und Pole, der Anschlüsse und Verbinder, die Temperaturmessung, die Kontrolle der Ladeeinrichtung und die Kapazitätsprüfung um schwache und defekte Batterien zu erkennen. Um den Zustand einer Batterie zuverlässig zu erfassen wird bislang häufig ein aufwändiger Kapazitätstest durchgeführt (Bild 1). Die tatsächliche, momentane Kapazität (von AGM- oder Gel-Batterien und auch Batterien mit flüssigem Elektrolyten) wird dabei durch die vollständige Entladung der Batterie bis zum Erreichen der Grenzspannung von z.B 1,8V/Zelle bestimmt.

Die korrekte Durchführung dieses Verfahren ist Zeit- und Kostenaufwändig, denn es bedingt eine umfassende Vorbereitung und langwierige Wartezeit:

  1. Transport von schweren Entladewiderständen und Messequipment vor Ort. Eventuell Bereitstellung einer Ersatzanlage. Oft kann die eigentliche Last als Verbraucher genutzt werden. Wenn keine Ersatzanlage zur Verfügung steht, droht bei einer echten Netzunterbrechung der Totalausfall der zu schützenden Anlage!
  2. Anschluss jeder einzelnen Zelle an ein Spannungsmeßsystem Wenn kein Spannungsmeßsystem zur Verfügung steht, muss die Spannung jeder Zelle reihum ständig gemessen werden um kritische Zellen, die vorzeitig ausfallen, identifizieren zu können.
  3. Durchführung der Entladung der Batterieanlage, die zwischen 30 Minuten und einigen Stunden liegen kann. Währenddessen ist die optische Inspektion möglich.
Nach dem Test sind weitere Arbeitsschritte notwendig:
  1. Abbau des Meßsystems und Abtransport der Entladewiderstände
  2. Wiederaufladen der Batterien
  3. Auswertung und Interpretation der Messergebnisse (meistens mit eigenen Tabellen)
Dabei ist zu beachten, dass bei nicht redundanten Systemen die Netzersatzanlage nicht, oder nur beschränkt zur Verfügung steht – auch nicht für die folgende Ladezeit, die regelmäßig länger ist als die Entladezeit. Die relevanten Kosten werden dabei durch die Einrichtungs- und Wartezeiten produziert. Auch das wieder Aufladen der Zellen kann, je nach Größe der Batterieanlage, mit einigen tausend Euro zu Buche schlagen. Sollten bei dieser Vorgehensweise defekte Zellen entdeckt werden, wird häufig der gesamte Batteriestrang ausgewechselt, ohne genau zu wissen, ob von den "guten" Zellen einige wieder regeneriert oder ohne weiteren Aufwand wieder eingesetzt werden können. Die korrekte Berechnung der verbleibenden Restkapazität ist dabei nicht trivial. Der Austausch eines Batteriestrangs von einigen hundert Amperstunden kann schnell die 10.000 Euro Grenze erreichen.
Die Problematik der Entladetests
Es gibt bei allen Kapazitätstests (bei Teilentladung und vollständiger Entladung) zusätzlich zu Zeit- und Kostenaufwand noch ein weiteres Problem: Die nicht gegebene Rückwirkungsfreiheit.
Der Entladetest gibt nur Auskunft über die Batterie-Kapazität vor der Entladung. Der Kapazitätstest sagt nichts über den Zustand der Batterie nach der erneuten Aufladung. Der Eingriff durch die Entladung ist erheblich, da Stand-by-Batterien empfindlich auf Entladung reagieren. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass problembehaftete Zellen/Blöcke nach Kapazitätstests und der folgenden Wiederaufladung ausfallen (Bild 2).

Die Unsicherheit des Verfahrens ist groß, insbesondere dann, wenn nur Teilentladungen durchgeführt wurden und bestimmte Zellenfehler noch nicht auffällig wurden, oder keine Einzelzellenspannung gemessen wurde. Um Wettbewerbsfähig zu bleiben, bzw. Kosten zu Sparen reduzieren einige Servicefirmen den Entladetest auf ein Minimum. Die Zelle wird nur für Sekunden oder wenige Minuten belastet und die gemessene Spannung wird als Hinweis für den Zustand betrachtet. Dadurch wird die Aussagkraft deutlich reduziert, bzw. ist komplett in Frage zu stellen. Zumindest 25% der Kapazität der Zelle müssen entnommen werden, um eine Aussage über die "Gesundheit" einer Batterieanlage treffen zu können (Bild 3).

Die Spannungsmessung hat wenig Aussagekraft
Viele Servicetechniker haben sich als "Spannungsexperten" entwickelt. Sie können durch Messung der Batteriespannung über einzelne Probleme der Batterie eine Aussage treffen. Grundsätzlich gibt die Spannungsmessung bestenfalls zuverlässigen Aufschluss über den Ladezustand, aber nicht über die Restkapazität der Batterie! Erst recht ergibt die Spannungsmessung keine Aussage über die noch zu erwartende Lebensdauer. Eine geladene schlechte Batterie weist die gleiche Ruhespannung von ca. 2,09 V auf, wie eine geladene, gute Batterie.

Ein weiteres Problem stellt sich in den letzten Jahren für alle Wartungstechniker: Die immer schlechtere Zugänglichkeit von Batterieschränken. Nicht nur dass die notwendige Konvektion zwischen den Batteriegehäusen verhindert wird, der Zugang zu den Polen in den hinteren Reihen ist kaum noch möglich. Das sollten Projektierer zukünftig wieder stärker berücksichtigen.

Für Servicetechniker wird jetzt von Elektronik-Kontor die Schulung zum Batteriefachmann angeboten. Inhalt des Tagesseminars ist u.a das Verhalten im Batterieraum und die Durchführung einer Wartung. Stichwort: Die Batterie als nicht abschaltbare Energiequelle und Ausarbeitung einer Arbeitsanweisung.

Im Teil 2 wird ein Alternatives Verfahren zum Entladetest, die Leitwertmessung, beschrieben.